home * biography * choreographies * links * photographs * media * contact


NUR DIE BESTEN STERBEN JUNG

Nachruf auf den Ballettdirektor der Leipziger Oper Uwe Scholz


___ Er galt als Wunderkind. Mit vier besuchte er als einziger Junge die Ballettschule, mit 24 wurde er Choreograph an der Stuttgarter Oper. 1991 wechselte er an die Leipziger Oper, deren Ballettdirektor er wurde. Am Sonntag ist Uwe Scholz, der rund 80 Choreographien erarbeitete, im Alter von 45 Jahren an einer Lungenentzündung verstorben. "Nur die Besten sterben jung", meint Claus Fischer in seinem Nachruf. ___

___ VON CLAUS FISCHER ___

 

___ Wenn der Begriff Wunderkind auch oft vorschnell verwendet wird, Uwe Scholz war eines. Mit vier Jahren besucht er als einziger Junge die Ballettschule in Darmstadt, erhält dazu Unterricht auf verschiedenen Musikinstrumenten. Zunächst will er Dirigent werden, doch schon als 15-Jähriger entscheidet er sich für die Laufbahn des Tänzers, wird er an der Ballettschule der Stuttgarter Oper ausgebildet. Entscheidende Prägung erfährt er durch die dortige Ballettchefin Marcia Haydee. Die Tänzerlaufbahn von Scholz ist kurz, bereits mit 24 Jahren avanciert er zum ständigen Choreographen der Stuttgarter Compagnie ernannt ... ___


___ UWE SCHOLZ: Die Sucht, Musik, in die ich mich verliebe (...) auf Tänzerkörper zu übertragen (...) vor mir zu sehen, die war von Anfang an sehr definitiv da. ___


___ In den frühen 80er Jahren avanciert Uwe Scholz zum Shooting Star der deutschen Ballettszene, gastiert an den wichtigsten Opernhäusern und Festspielstätten der Welt, zum Beispiel an der Wiener Staatsoper und der Mailänder Scala. Gemeinsam mit Modeschöpfer Karl Lagerfeld entwirft er eine Produktion fürs Opernhaus in Monte Carlo. Im Alter von 26 Jahren wird Scholz Ballettchef in Zürich und setzt dort neue Maßstäbe... ___

top

___ UWE SCHOLZ: Das Ensemble musste erstmal meine Bewegungssprache verstehen und es sind viele Tänzer da, die merken, dass sie meinem Niveau nicht gewachsen und von ihrer Einschätzung her gegangen sind. ___


___ Nach fünf Jahren in der Schweiz, im Jahr 1991, wechselt Uwe Scholz an die Oper in Leipzig, vor allem aufgrund der günstigen Arbeitsmöglichkeiten, die ihm der damalige Intendant Udo Zimmermann anbietet. Der junge Choreograph hat große Visionen... ___


___ UWE SCHOLZ: Das ist eine Tatsache, dass Leipzig eine Ballett-Stadt wird und eine der wichtigsten neben Stuttgart München etc. Dass das passiert ist klar, (...) warum sonst die ganze Arbeit? ___


___ Die Choreographien von Uwe Scholz werden vom deutschen Feuilleton sehr positiv beurteilt, seine Umsetzung etwa der "Scenes de Ballet" von Igor Strawinski wird regelrecht bejubelt. Aufsehen erregt auch seine Umsetzung der "Symphonie Fantastique" von Hector Berlioz oder die Bach-Kreationen, die er mit dem Thomanerchor und Gewandhausorchester zur Aufführung bringt. Mit der Verpflichtung von Spitzentänzern aus aller Welt befreit er das Leipziger Ballett aus seiner einstigen Provinzialität ... ___


___ UWE SCHOLZ: Ich bin sehr stolz darauf, dass jetzt so ein Mikrokosmos hier ist, mehr als 50 Tänzer aus 20 Nationen, ich glaub, das gibt so'ne Farbe, son'n Spektrum. Ich werde zum Beispiel, wenn ich irgendetwas choreographiere, nicht schauen: Wer hat welchen Pass, ob man sich da küssen dürfte oder nicht. ___


___ Neben seiner Tätigkeit in Leipzig arbeitete Uwe Scholz gastweise an verschiedenen deutschen Opernhäusern, sein Arbeitseifer ist nahezu unermüdlich. Bereits mit 32 Jahren hat er rund 60 Choreographien auf die Bühne gebracht. ___


___ Die letzten Lebensjahre von Uwe Scholz sind von gesundheitlichen Problemen geprägt, die bei dem sensiblen Künstler mehrere tiefe Schaffenskrisen auslösen. Anhaltende Sparzwänge an der Leipziger Oper und der daraus resultierende Zwang, sein renommiertes Ensemble zu verkleinern sind hierbei wenig förderlich. ___


___ Im Herbst 2003 überwirft sich Scholz mit dem Intendanten der Leipziger Oper Henri Maier, als Kompromiss im Streit erlaubt man ihm schließlich ein Sabbatjahr. Der oft strapazierte Spruch: "Nur die Besten sterben jung", bei Uwe Scholz, der in seinem Leben rund 80 Choreographien erarbeitet hat, trifft er in jedem Fall zu ... ___

top

DEUTSCHLANDRADIO BERLIN VOM 23.11.2004

home * biography * choreographies * links * photographs * media * contact