home * biography * choreographies * links * photographs * media * contact


"WIR HATTEN DIE GLEICHEN VISIONEN FÜR DEN TANZ"

Dresdens Ballett-Direktor VLADIMIR DEREVIANKO im Gespräch mit KERSTIN LEISSE

Vladimir Derevianko

___ K.L.: Wann haben Sie die Nachricht vom Tod Uwe Scholz' erhalten? ___


___ V.D.: Das habe ich heute früh erfahren, aber ich wusste, dass Uwe Scholz schon seit September im Koma lag. ___


___ K.L.: Was hat Sie mit Uwe Scholz verbunden? ___


___ V.D.: Wir hatten verwandte künstlerischen Anschauungen, haben viel zusammengearbeitet und großen Erfolg gehabt. Wir sind eine Generation und hatten die gleichen Visionen für den Tanz. Es war eine sehr kreative und fruchtbare Zeit, die mit der ersten gemeinsamen Arbeit 1985/86 in Zürich begann. Er war Schöpfer, ich war Tänzer, und beide Seiten haben sich gegenseitig inspiriert. ___


___ K.L.: Haben Sie sich auch persönlich nahe gestanden? ___


___ V.D.: Ja, wir waren Freunde und haben uns, wenn wir uns trafen, in langen Gesprächen über berufliche und private Angelegenheiten ausgetauscht. ___

top

___ K.L.: Vor einem Jahr, fast genau auf den Tag, hatte am 23. November der Ballettabend Uwe Scholz mit drei seiner Choreographien in der Semperoper Premiere, und es gibt weitere Arbeiten von ihm im Repertoire des Balletts Dresden... ___


___ V.D.: Ich finde, dass Uwe Scholz ein wichtiger Choreograph unserer Zeit gewesen ist. Solange ich irgendwo Direktor bin, werde ich mich für seine Werke immer einsetzen. Bei seiner Kreation "Fragmente: Winterreise" zu Liedern aus dem Schubert-Zyklus (dem 25. Bühnenjubiläum Vladimir Dereviankos gewidmet und am 23. November 2003 in der Semperoper uraufgeführt, d.R.) hatte man das Gefühl von etwas Besonderem. Ich empfand dies wie sein Requiem. ___


___ K.L.: Werden die Arbeiten von Uwe Scholz auch weiterhin in Dresden getanzt? ___

Rot und Schwarz

"Rot und Schwarz" in Dresden

___ V.D.: Wir müssen die Werke zeigen, auch wenn der Schöpfer nicht mehr da ist. So lange ich an der Semperoper Direktor bin, wird das Publikum diese Werke sehen können. Denn in seinen Choreographien lebt Uwe Scholz weiter. ___


___ K.L.: Wie würden Sie seine choreographische Handschrift charakterisieren? ___


___ V.D.: Sie war prägnant und extrem musikalisch. Seine Choreographien sind fast wie Partiturnoten. Sein Tanz ist sehr schnell und am Limit der körperlichen Möglichkeiten, aber sehr musikalisch. So konnte man Musik nicht nur hören, sondern auch sehen. ___

top

___ K.L.: Glauben Sie, dass die schwierige Situation von Uwe Scholz an Leipzigs Oper und die Querelen um seine Person zu seinem frühen Tod beigetragen haben? ___


___ V.D.: Alles, was er erlebt hat, die Probleme mit der Compagnie und mit der Schließung der Leipziger Ballettschule, das hat wohl seinen Tod beschleunigt. Wir Tänzer, Künstler überhaupt, sind hypersensible Menschen und spüren deshalb vielleicht mehr als andere. ___

 

DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN, 25. NOVEMBER 2004

home * biography * choreographies * links * photographs * media * contact